In diesem und dem kommenden Tutorial zeige ich Dir, wie Du aus dem zentralen Konflikt Deiner Story einen Roten Faden entwickelst, der Dich zuverlässig vom Anfang bis zum Ende Deines Romans führt. (Wenn Du Lust hast, das Thema zu vertiefen, empfehle ich Dir außerdem meinen Crashkurs zum Romanplot und Spannungsbogen.)

Für die Arbeit mit Deiner Spannungskurve machst Du Dir am besten eine Zeichnung. Auf diesem Zeitstrahl kannst Du Dir den Verlauf der Story notieren. Je weiter oben eine Szene angesetzt wird, desto positiver ist die Situation für die Heldin. Je weiter unten, desto schlimmer sitzt sie in der Patsche.

Tipp 1: Spannung funktioniert wellenförmig

Deine Story wird spannender, wenn Deine Figur möglichst selten in durchschnittliche Situationen gerät. Denk daran, dass Deine Leser in einer Welt eintauchen wollen, die aufregender ist als das, was sie in ihrer Realität erleben. Also schleudere den Helden von oben nach unten, anstatt ihn im Mittelmaß verharren zu lassen!

Ich habe dieses Phänomen zum ersten Mal bewusst bei „Anne auf Green Gables“ von Lucy Maud Montgomery wahrgenommen. Das ist ein Kinderbuchklassiker aus dem 19. Jahrhundert.

Anne kommt als Waisenkind auf den Bauernhof Green Gables, um von einem Geschwisterpaar adoptiert zu werden. Sie ist unglaublich glücklich, weil sie nach Jahren des Herumgestoßenwerdens endlich ein Zuhause findet. (Intensives Glück)

Doch kaum angekommen, erfährt sie: Die beiden haben sich einen Jungen gewünscht, der auf dem Hof mit anpacken muss. Anne soll zurück ins Waisenhaus. All ihre Träume sind geplatzt. (Intensives Unglück)

Anne packt hart im Haushalt mit an, um zu beweisen, dass sie von Nutzen sein kann, obwohl sie kein Junge ist. Schließlich gelingt es ihr, das Wohlwollen bzw. die Liebe ihrer neuen Eltern zu gewinnen. Sie darf bleiben. (Intensives Glück)

Als sie in die Schule geht, wird sie als Waise und wegen ihres altmodischen grauen Kleides gemobbt. Die anderen Kinder schließen sie aus. (Intensives Unglück)

Usw.

Das Rezept funktioniert. Die Geschichte um die fröhliche und verträumte Anne fesselt auch nach einem Jahrhundert und wurde vor Kurzem erneut verfilmt. Achte mal darauf, in wie vielen Geschichten Spannung ebenfalls durch ständiges wellenförmiges Wechseln entsteht!

Tipp 2: Das Auf und Ab kreist um einen einzigen zentralen Konflikt

Ist Dir aufgefallen, um welches Thema jeder der hier genannten Konflikte von Anne Cuthbert auf Green Gables kreist – und auch jeder andere in der Geschichte? Es ist menschliche Nähe. Entweder, Anne erhält Nähe und Zugehörigkeit von geliebten Menschen, oder die Nähe wird ihr entzogen und sie leidet darunter

Dieser eine Konflikt reicht völlig aus, um damit in Variationen ein Buch zu füllen, das zum Long- und Bestseller wurde und unzählige Kindergenerationen begeisterte. In der Profiliga lernt man, dass menschliche Nähe als Thema immer geeignet ist, um viele Leser anzusprechen. Echte Nähe und Verbundenheit macht jeden Menschen glücklich, und ihr Verlust schmerzt.

Trotzdem darfst Du Dich auch für jedes andere Konfliktpaar entscheiden, um Deine Story darum zu weben. Dein Roman kann durchaus auch funktionieren, wenn es mehr als einen Konflikt gibt. Aber die echten Pageturner kreisen normalerweise tatsächlich primär um einen einzigen Konflikt, der variiert und erforscht wird.

Beispiele gefällig?

  • Liebe versus Einsamkeit (klassischer Liebesroman)
  • Gerechtigkeit versus Ungerechtigkeit (klassischer Thriller und Detektivroman)
  • Mut versus Angst (klassischer Abenteuerroman)
  • Stagnation versus Wachstum (klassischer Entwicklungsroman)
  • u.v.m.

Tipp 3: Raising the Stakes – Die Spannung muss ansteigen

Hast Du Dich je gefragt, warum Storys oft gar nicht so spannend sind, wenn gleich in der ersten Szene jemand kurz davor steht, von einer hohen Klippe zu stürzen?

Es liegt daran, dass diese Situation so weit von unserer gewohnten Welt entfernt ist, dass wir innerlich auf Distanz bleiben können. Deswegen ist es sehr viel geschickter, mit einer Szene zu beginnen, in der die Figur – beispielsweise – die Klippe nur aus sicherer Distanz bei einem Urlaubsausflug betrachtet und ihre Höhe bewundert.

Ich greife das Beispiel aus dem vorigen Tutorial wieder auf, in dem der Held eine Putzkraft ist, die das Chaos in seiner Welt aufräumt:

Am Anfang fällt nur ein Glas vom Wohnzimmertisch. Diese Art von Schmutz kann nahezu jeder Mensch beseitigen. Handfeger und Kehrschaufel reichen dafür. Am Ende jedoch explodiert ein Haus und Steine fliegen durch die halbe Stadt. Um diese Art Chaos zu beseitigen, muss man ein Profi sein. Wenn Dein Finale also eine solche Explosion ist, fang mit einem kleinen Glas an und zwinge den Helden durch die Umstände zum Wachsen. Dann glaubt der Leser ihm am Ende auch, dass er die tonnenschweren Brocken mit bloßer Muskelkraft nach oben hievt – oder sich mit den Fingernägeln zurück auf die Klippe zieht, ohne dass sie abbrechen.

Erhöhe den Schwierigkeitsgrad für Deine Hauptfigur Stück für Stück. Die größte Herausforderung von allen muss am Ende kommen. Wenn Deine Figur sie gemeistert hat, gibt es für sie nichts mehr zu tun, als ihren Sieg zu feiern. Heb dir das Beste also für kurz vor den Schluss auf!

Praxistipp: Komme direkt in die Umsetzung

Dein Vorteil bei diesem Workbook ist, dass ich Dir als professionelle Autorin gleich aus zwei Gründen wertvollen Input für Deinen künstlerischen Weg mitgebe. Als Schriftstellerin und gleichzeitig Lehrerin besitze ich das notwendige Wissen und weiß, wie man es vermittelt.

Learning by Doing:

Mit diesem Workbook erhältst Du auf hundert Seiten eine spielerisch und leicht anmutende Einführung in das Schreibhandwerk. In diesem Workbook gibt es nahezu keine Theorietexte oder Beispiele von anderen. Dafür gibt es genug andere Schreibratgeber, deren Verfasser:innen oft genug voneinander abschreiben und sich gegenseitig zitieren.

In diesem Arbeitsbuch findest Du stattdessen 100 Seiten, die Dich direkt in die Praxis bringen. Du erhältst das komprimierte Resultat von über 20 Jahren Erfahrung als Schriftstellerin und Lehrerin auf eine Weise, die Dich zum Schreiben animiert und die Theorie vergessen lässt. Während des Arbeitens begreifst Du bei jedem einzelnen Aspekt des Handwerks:

Natürlich, so funktioniert es. Ich habe es getan und währenddessen die Methode verstanden. Jetzt kann ich sie auch für künftige Bücher nutzen.

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Die Verfasserin:

Hanna Aden (*1983) ist Schriftstellerin und examinierte Lehrerin. Seit 2015 unterstützt sie als Seminarleiterin und Coach angehende und professionelle Autor:innen auf ihrem Weg.

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Danke, dass Du meinen Text gelesen hast! Ich mag neugierige und wissbegierige Menschen. Besonders, wenn sie sich für das Erzählen von Geschichten interessieren.

In meinem Newsletter verschicke ich (halbwegs) regelmäßig Tipps über das Schreiben, Inspirationals und informiere Dich über neue Blogbeiträge und Videos. Außerdem schenke ich Dir als Dankeschön für Dein Interesse das E-Book „Romane schreiben für Anfänger:innen“ im PDF-Format. Dort erhältst Du 18 praktische und direkt umsetzbare Lektionen, die Dir die Basics des Schreibhandwerks informativ und fesselnd vermitteln.

Mein Best Buddy würde sagen: Gönn Dir!

Ich freue mich darauf, Dich vielleicht schon bald in einem meiner Kurse kennenzulernen.

Liebe Grüße
Hanna

Bildbearbeitung: Diana Aslan. Alle Fotogrundlagen als Lizenz bei Shutterstock erworben.