Romane schreiben, die man nie vergisst
Ich bin Hanna Aden, und ich bin Schriftstellerin.
Es hat lange gedauert, bis ich mich getraut habe, meinen Namen und dieses Wort in einem Satz zu verwenden. Mein ganzes Leben lang hatte ich Selbstzweifel: Bin ich gut genug für das, was ich tue? Andere schreiben viel besser. Ihre Bücher lesen sich viel schöner.
Was ist, wenn das, was ich erzähle, niemanden interessiert?
Diese Sorgen kennen viele Schreibmenschen. Heute, wo ich die ersten erfolgreichen Bücher veröffentlicht habe, würde ich niemanden als persönliche/n Schüler oder Schülerin annehmen, der diese Angst nicht kennt. Oder der behauptet, sie nicht zu kennen.
Diese Angst bedeutet, dass man wachsen will.
Das Schreibhandwerk
Wie viele Schreibende habe ich schon als Teenager Tagebuch und kleine Geschichten geschrieben. Mit 18 Jahren wurde ich Mitglied in einer Schreibwerkstatt im Gemeindezentrum von Wunstorf, der Stadt, in der ich aufgewachsen bin. Ich blühte auf. Wie vermutlich viele Schreibende liebte ich es, bei diesen regelmäßigen Terminen Raum und Zeit für meine Geschichten zu finden. Bei kleinen Lesungen trat ich als Mitglied der Gruppe das erste Mal in die Öffentlichkeit und strahlte vor Lampenfieber und Glück.
Damals beschloss ich, meinen ersten Roman zu schreiben. Ich wollte ihn für den Wolfgang-Hohlbein-Fantasy-Preis einreichen.
Mit 21 Jahren war ich fertig, aber ich erlebte die erste große Niederlage meines Lebens als Autorin. Die Jury sonderte mich ohne weiteren Kommentar aus. Niemand erklärte mir wie seinerzeit in der Schule, was ich falsch gemacht hatte. Niemand lobte mich, wie es die Lokalpresse in der Besprechung der Gruppenlesungen getan hatte.
Ich war unsichtbar.
Mein Buch war nicht gut genug.
Ganz ehrlich, das hat wehgetan. Ich verstand die Welt nicht mehr. Da war es auch kein Trost, dass mein damaliger Freund mir erzählte, wie großartig er ganz persönlich mein Buch fand, jedes einzelne Wort darin. Ich hatte versagt, und das tat weh.
Die nächsten zehn Jahre verbrachte ich damit, das Schreibhandwerk zu lernen. Ich bewundere all die Menschen, bei denen es instinktiv klappt. Bei mir war das nicht der Fall. Ich hatte garantiert ein gewisses natürliches Talent für Sprache, doch das reichte nicht für all die Dinge, die man als Autorin können muss:
- Gedanken und Beschreibungen so darstellen, dass man sie beim Lesen versteht.
- Szenen konzipieren, in denen Dialog, Gedanken und Handlung stimmig zusammenfließen.
- Romanhandlungen entwickeln, die Sinn ergeben.
- Scheinbar dezente Textpassagen mit spannenden Verben interessanter machen.
- …
Ich lernte viele Jahre von Gyde Callesen die Grundlagen meines Handwerks. In dieser Zeit nahm ich an Schreibwettbewerben teil und schrieb Kurzgeschichten für kleinere Magazine.
Jedes Mal übte ich etwas Neues. Kameraperspektive, um Klarheit über die Kraft zu finden, die darin liegt, winzige Details der Umgebung immer weiter zu vergrößern. Innere Monologe, um mein Bewusstsein dafür zu schärfen, wie chaotisch Gedanken sein können und wie man dieses Chaos in lesbaren Text verwandelt. Figurperspektive und so langweilige Dinge wie Kartoffelschälen beschreiben, um ein Gegengewicht zu dramatischen Action-Szenen zu schaffen, in denen Figuren in emotionale Extreme geriet.
Es dauerte. Länger, als mir lieb war. Aber ich lernte Jahr für Jahr dazu. Und wenn ich heute ein neues Kapitel beginne, weiß ich, dass ich nie wieder an der handwerklichen Klippe scheitern werde, dass ich beispielsweise nicht weiß, wie man einen Dialog oder eine Schlägerei beschreibt.
Für alle, die ebenfalls mehr dazu lernen wollen, empfehle ich meinen kostenlosen Online-Kurs „Romane schreiben für Anfänger:innen“:
Buchmarkt und Netzwerke
Zehn Jahre lang habe ich mein Handwerk gelernt. Reichte das aus, um aus mir eine „richtige“ (und am besten auch noch erfolgreiche) Autorin zu machen?
Nein.
Mein zweiter „richtiger“ Roman wurde genauso abgelehnt wie der erste Versuch mit 21 Jahren. Ich dachte, ich hätte einen originellen und neuen Stoff gehabt, und meine Erzählsprache war gut (hieß es), aber der Stoff war leider nicht markttauglich genug. Er passte nicht zu dem, was die Leute suchten.
Zum Glück war Selfpublishing damals noch nicht so verbreitet. Deswegen kam ich gar nicht auf die Idee, dieses unvollkommene Projekt in seiner damaligen Form auf den Markt zu werfen. Ich bedankte mich bei jeder einzelnen Agentur, die wenigstens einen Halbsatz dazu geschrieben hatte, was nicht passte, und dann begann das Überarbeiten.
Ich kündigte meinen Job als Beamtin und absolvierte ein Verlagspraktikum, um mehr über die Branche zu lernen. Ein ziemlich radikaler Schritt, von dem ich jedem Menschen abraten würde.
Aber ich lernte mehr darüber, wonach Verlage entscheiden, wenn sie ein Projekt ankaufen.
Wieder dauerte es Jahre. In einem Schreibforum las ich, dass in der Buchbranche ein Name schnell als „verbrannt“ gilt, wenn ein Buch keine grandiosen Verkäufe liefert. Dann muss man unter einem Pseudonym noch mal neu beginnen. Ich wollte meinen echten Namen nicht verbrennen, deswegen veröffentlichte und Pseudonymen und verbesserte mein Handwerk erneut.
In dieser Zeit lernte ich andere Autor:innen kennen. Ich erfuhr mehr über Literaturagenturen, ich bekam Exposés von Kolleg:innen zum Prüfen, und irgendwann weckte ich das Interesse meines jetzigen Agenten. Mein Exposé gefiel ihm noch nicht, doch er war bereit, mit mir daran zu arbeiten.
Weil Exposés so wichtig sind, biete ich dazu inzwischen auch zweimal im Jahr einen Workshop an, zusammen mit der Lektorin und Autorin Bettina Lausen. Manchmal kann man mit professioneller Unterstützung den einen oder anderen Umweg bei den Bewerbungen vermeiden.
"Napalmbombe" mit Schlagsahne im Mund
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich geglaubt, dass ich es so gut wie geschafft hatte. Schreibhandwerk, potenzielle Agentur … Mehr braucht es nicht, um eine erfolgreiche Autorin zu sein!
Vielleicht noch ein wenig Glück, aber …
Pustekuchen.
Mein Romanhöhepunkt war nicht gut genug, sagte mein künftigerAgent. Noch zu vorhersehbar, nicht dramatisch genug, irgendetwas fehlte … Er machte Vorschläge, stellte aber auch klar, dass ich diese keinesfalls einfach blind befolgen solle. Es müsse etwas sein, was von mir komme, ansonsten würde man das dem Roman später anmerken. Also noch mal überarbeiten!
Aber wie?
Ein wichtiger Lehrer für meinen Weg als Künstlerin ist Architekt. Er baut Häuser, saniert Badezimmer und baut manchmal eine Sauna oder ein Fenster so hübsch, dass man nicht anders kann, als sich daran zu erfreuen. Niedlich, seriös und anständig – und leider bleibt er damit weit hinter seinen Möglichkeiten zurück.
Deswegen versucht er, mir beizubringen, wovon er für sich selbst träumt und seit Jahren in letzter Sekunde immer wieder neu zurückschreckt.
(Die vorigen zwei Absätze habe ich nicht zuletzt für ihn geschrieben. Falls er diesen Artikel liest. Damit er über das Reden hinausgelangt und endlich Tacheles baut. Ideale allein reichen nicht, weder in der Architektur noch im Roman.)
„Deine Kunst wird nie einzigartig, wenn du es anderen recht machst“, lehrte er mich vor ein paar Jahren. „Suche das Feuer in dir. Das, was dich einzigartig macht. Das, was so hell brennt, dass die ganze Welt zerstört werden kann, weil sie im Vergleich zu diesem Feuer keine Rolle mehr spielt.“
Er ist ein zivilisierter Mensch. Manchmal fantasiert er davon, wie ein nicht zu kontrollierender Bulldozer genormte Mainstream-Stadtviertel plattwalzt, um auf ihren Trümmern etwas Neues zu bauen, aber im Alltag legt er Wert auf Pünktlichkeit und zwischenmenschlichen Respekt. Er lehrte mich die Sehnsucht danach, auf einem Thron auf den Schädeln meiner Feinde zu sitzen und auf sie zu pissen. Der zweite Teil der Metapher ist anatomisch ziemlich maskulin, und streng genommen bin ich mir nicht sicher, ob die Geruchsmelange nach Urin und Blut und Hirnmasse für meine empfindsame Nase nicht zu viel wäre, ganz zu schweigen von der Frage, in was für Pfützen ich auf dem Weg zu meinem Thron treten würde …
Aber es ist eine Metapher. Für etwas Wildes und Freies und Ungezähmtes. Etwas, was es braucht, um beim Schreiben über sich selbst hinauszuwachsen und eine einzigartige Stimme zu entwickeln.
Berge von Schädeln!
Feuer und Zerstörung und GEWALT!
Tod allen Ungläubigen, die daran gezweifelt haben, dass mein neuer Roman ein Meisterwerk wird, wie es noch nie zuvor eins gegeben hat und auch nie wieder geben wird!
Ich bin froh, dass ich an dieser Schlüsselstelle meiner Karriere einen Mentor wie ihn hatte. Der Höhepunkt für mein Fräulein Lena gefällt laut manchen Rezensionen nicht so gut, aber andere schreiben mir, dass er sie noch Wochen und Monate später beschäftigt. Ich musste brennen, um ihn zu finden. So hell und heiß und verzweifelt, dass ich noch einmal über alles hinauswachsen konnte, was ich bis dahin gelernt hatte.
Auch hierfür habe ich eine Methode entwickelt, mit der ich anderen Schreibenden helfen kann, an den dunklen Punkt zu gelangen. Es ist der Punkt, an dem das Feuer erwacht, dass Dich auf die nächste Stufe Deines Schreibens hebt. Aber auch ohne Deine eigene Story-Queste kannst Du aus meiner Geschichte vielleicht schon ein wenig von dem ziehen, was es braucht, um für Dich Deinen eigenen Weg zu formen.
Schreib mir gern, was Du auf dieser Suche findest!
Das Band zwischen Mentorin und Mentee
Auf meinem Weg gab es Lehrer und Lehrerinnen, die mir geholfen haben. Anders geht es nicht, glaube ich. Man kann aus Büchern lernen, sowohl aus Ratgebern wie auch aus Romanen, die einen selbst überzeugen. Aber es braucht auch den Austausch mit anderen, die verstehen, wofür man brennt.
Und die vielleicht schon einen oder zwei Schritte weiter sind und einem zeigen können, wie man den eigenen Weg findet.
Möchtest Du als Autor:in mit mir arbeiten, um Deine Bücher auf diesen drei Ebenen zu verbessern?
Eine Warnung vorweg: Ich bin Forscherin. Trotz inzwischen einiger erfolgreicher Bücher fühle ich mich oft, als würde ich noch ganz am Anfang stehen. Es gibt noch so viel darüber zu lernen, wie man gute Bücher schreibt und als Autorin unvergesslich wird. Wenn wir miteinander arbeiten, nehme ich Dich mit auf Forschungsreise.
Ich bin keine Schreiblehrerin, die in der Lage ist, Dir binnen zwei Monaten oder zwei Jahren all das beizubringen, was es über das Schreibhandwerk zu wissen gibt. Tatsächlich arbeite ich gern mit Autor:innen, die schon ein paar Jahre Vorerfahrung mitbringen und jetzt daran arbeiten wollen, ihr Schreiben zu professionalisieren.
Was heißt das genau?
Professionelles Schreiben bedeutet für mich nicht, alle handwerklichen Regeln aufsagen zu können oder zu sehen, wenn irgendjemand ein Komma falsch gesetzt hat. Es bedeutet auch nicht, den Markt gründlich analysiert zu haben und genau zu wissen, mit welchen aktuellen und erfolgreichen Vergleichstiteln man das Buch am besten beschreiben kann, und auch nicht, dass Du bereit bist, alle im Lektorat gewünschten Änderungen im Roman vorzunehmen.
All diese Dinge sind wichtig.
Aber am Ende macht es einen Unterschied, ob Du an Deinen Roman denkst und Dir dabei mit verzücktem Lächeln Schlagsahne in den Mund sprühst und genüsslich „Napalmbombe“ sagt, um das Gefühl des Storyhöhepunktes voller Sinnlichkeit und heimlicher Freude an der Grausamkeit gegenüber den unschuldigen Romanfiguren zu genießen.
Wenn Du mit mir arbeitest, will ich, dass Du brennst. Für das, was Deine Geschichte so einzigartig macht, dass sie es wert ist, als Autor:in über Dich selbst hinauszuwachsen, bis Du weinst, weil Perfektion trotz all Deiner Mühen nicht möglich ist.
Aber Du kannst ihr näherkommen. Immer wieder neu.
Auf Deine ganz eigene Art.