Julia ist sauer auf die Muse. Sie hat keine Lust, Geschichten zu schreiben, die ‚tief‘ und ‚wahr‘ sind. Was soll das überhaupt bedeuten? Das klingt schrecklich anspruchsvoll und überhaupt nicht nach etwas, was beim Schreiben Spaß macht.
Julia wollte nie hochliterarisch und so anspruchsvoll schreiben, dass man einen Doktortitel braucht, um ihre Sätze zu entschlüsseln. Außerdem hält sie nichts von Geschichten, die einen in miese Stimmung versetzen. Natürlich ist die Welt manchmal düster, hart und anstrengend, aber … Gerade dann braucht man doch Geschichten, die gute Laune machen und einem ein Stück vom Glauben an die Menschheit zurückgeben!
Warum also tief und wahr?
Nach der Arbeit geht Julia schwimmen. Der vertraute Geruch nach leicht gechlortem Wasser, das Plätschern und die fröhlichen Rufe von ein paar spielenden Kindern tun gut. Im Winter schwimmen zu gehen fühlt sich immer ein wenig verrucht an. Warme Luft auf nackter Haut, kühles Wasser und das Gefühl völliger Freiheit, wenn sie sich schwerelos durch ihr Element gleiten lässt … Draußen frieren die Menschen. Sie dagegen wird ein wenig von der Wärme in ihrem Blut behalten, wenn sie gleich zurück zum Auto geht und dann nach Hause fährt.
Wie so oft hat Julia das Gefühl, dass das von den Fliesen blaugefärbte Wasser ihr den Stress des Alltags aus allen Poren spült. Sie schwimmt langsam, wechselt vom Brustschwimmen in die Rückenlage und zurück und genießt es, gesund und am Leben zu sein. Ihr wird klar, dass niemand sie zwingt, diese neue Art von Geschichten zu schreiben. Ganz egal, wie es mit ihrer Karriere als Autorin weitergeht – ihr Leben ist auch ohne Bestseller ein gutes Leben.
Zu Hause öffnet sie das nächste Türchen im Inspirationskalender.
„Manchmal spürst Du einen Ruf, der nur für Dich bestimmt ist.“
Julia zuckt mit den Schultern und schüttelt den Kopf. Kann ja sein, dass es Leute gibt, die so einen Ruf hören. Aber manchmal ist er auch Blödsinn. Heute Abend wird sie jedenfalls nicht schreiben. Zumindest nichts für diese blöde Geschichte, die die Muse von ihr fordert.
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Freiwilliger Schreibauftrag für Julia (und Dich):
Stelle einen Timer auf fünf Minuten. Dieses Mal geht es darum, der inneren Stimme, die ständig am Wert der eigenen Texte zweifelt, das Wort zu erteilen. Auch damit öffnet man manchmal neue Türen der Inspiration.
Überschrift: „Warum die zweifelnde Stimme in meinem Kopf manchmal recht hat.“
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Sei dabei, wenn Julia morgen das nächste Türchen in ihrem Inspirationskalender öffnet!

Die Verfasserin:
Hanna Aden (*1983) ist Schriftstellerin und examinierte Lehrerin. Seit 2015 unterstützt sie als Seminarleiterin und Coach angehende und professionelle Autor:innen auf ihrem Weg.
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Danke, dass Du meinen Text gelesen hast! Ich mag neugierige und wissbegierige Menschen. Besonders, wenn sie sich für das Erzählen von Geschichten interessieren.
In meinem Newsletter verschicke ich (halbwegs) regelmäßig Tipps über das Schreiben, Inspirationals und informiere Dich über neue Blogbeiträge und Videos. Außerdem schenke ich Dir als Dankeschön für Dein Interesse das E-Book „Romane schreiben für Anfänger:innen“ im PDF-Format. Dort erhältst Du 18 praktische und direkt umsetzbare Lektionen, die Dir die Basics des Schreibhandwerks informativ und fesselnd vermitteln.
Mein Best Buddy würde sagen: Gönn Dir!

Ich freue mich darauf, Dich vielleicht schon bald in einem meiner Kurse kennenzulernen.
Liebe Grüße
Hanna

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